Warum sehe ich FAZ.NET nicht?
Permalink: https://www.faz.net/-gyl-b0wbf
Aktuelle Nachrichten aus Politik, Wirtschaft, Sport und Kultur
Herausgegeben von Gerald Braunberger, Jürgen Kaube, Carsten Knop, Berthold Kohler
Hände, die viel Gutes tun, um künstliche Ersatz-Nasen und Augen herzustellen. Blick in die Praxis des Heidelberger Epithetikers Jörn Brom. Bild: Wolfgang Eilmes
Sie sind Spezialisten in ihrem ungewöhnlichen Metier und für kranke Menschen, denen Gesichts- oder Halsteile fehlen, ein Segen. Eine junge Epithetikern lindert mit Silikon-Esatzteilen Leid.
Permalink: https://www.faz.net/-gyl-b0wbf
D er Schock sitzt tief, wenn einem Menschen nach einem Unfall oder einer Krebserkrankung Gesichts- oder Halsteile fehlen. Dies ist nicht nur ein Schicksalsschlag für die betroffene Person selbst, sondern auch für die Angehörigen und Bekannten. Als Betroffener fühlt man sich entstellt und nicht mehr gesellschaftsfähig, was die Psyche schwer belasten kann.
„Zum Glück gibt es heutzutage Epithesen, die den Patienten und Patientinnen den Weg in den Alltag erleichtern. Man gibt den Patienten nicht nur ein Stück Lebensfreude zurück, sondern auch Lebensqualität, da man wieder aus dem Haus gehen kann, um einzukaufen, ohne dass man Riesenpflaster im Gesicht haben muss, oder wenn man aus dem Bus steigt und man dabei nicht gerade von jedem angestarrt wird“, sagt Laura Boldo, Mitinhaberin des Instituts für Epithetik in Amden am Walensee. Aufgewachsen ist sie im Kanton St. Gallen, wo sie nach dem Abschluss der Sekundarschule eine Lehre als Zahntechnikerin machte und den Wunsch hatte, weiter zu lernen.
Betritt man den Hauptraum des Institutes, strahlt einem türkis-bläulich der Walensee entgegen, der auf der Nordseite von den steil aufragenden Churfirsten begrenzt wird, das erinnert an einen norwegischen Fjord. „Dass ich an solch einem Ort arbeiten kann, macht die Arbeit doppelt so gut. Und für die Patienten und ihre Familien ist es hier ideal“, sagt die 26-Jährige. Vor allem die Vielfalt im Berufsalltag fasziniert sie. Die Epithetik verbinde Kunst und Medizin. Medizinisches Wissen wird für die Anamnese und die Begleitung der Patienten beim operativen Einsetzen der Implantate, die aus Magneten bestehen, benötigt. Mithilfe der eingesetzten Implantate werden die Epithesen magnetisch im Gesicht befestigt. Diese Methode ermöglicht das einfache Abnehmen zur Reinigung. Die Epithesen sind im wahrsten Sinne des Wortes kleine Kunstwerke. Es gibt drei verschiedene Arten von Epithesen: Ohrepithesen, Nasenepithesen und Augenepithesen.
„Wenn der Patient zu uns kommt, kommt er meistens schon früh am Morgen, um circa neun Uhr. Dann gibt es zuerst einen Abdruck, ähnlich wie beim Zahnarzt, nur in diesem Fall im Gesicht, an dem defekten Bereich. Dann machen wir ein Gipsmodell und auf diesem können wir danach eine Form aus Wachs modellieren, welche man anprobieren kann.“
Oft kommen Patienten mit Verwandten, die ihnen bei der Bestimmung der Form helfen, wie es früher ausgesehen hat. Wenn der Gesichtsteil schon von Geburt an fehlt, bringen sie meist Bilder von Prominenten mit, die sie als Vorbild haben. Lediglich anatomische Voraussetzungen wie ein stehender Nasenrücken müssten dabei beachtet werden, ansonsten kann der Patient selbst entscheiden, wie er sie haben möchte. Nachdem man die passende Form gefunden hat, wird eine Gegenform erstellt und das Wachs ausgetrieben, was eine Hohlform zurücklässt, die mit gefärbtem Silikon geschichtet wird. Dies wird im Sterilisator polymerisiert, heraus kommt die fertige Epithese.
Sie kann bearbeitet werden, indem sie geschliffen wird oder Details angepasst werden. Am Abend kann der Patient mit der fertigen Epithese nach Hause gehen. Natürlich kann es dabei vorkommen, dass Patienten unzufrieden sind, meist spielt dabei eine Rolle, wie die Leute mit ihrem Schicksalsschlag umgehen. Einige konnten noch nicht akzeptieren, dass sie überhaupt so etwas erlebt haben. Dann ist es schwierig, mit einer Epithese, die letztlich ein Ersatzteil ist, klarzukommen. „Da kann man dann noch so eine schöne Epithese machen, die wird dem Patienten auch nicht helfen, denn er muss zuerst mit der Situation und dem Alltag klarkommen“, beobachtet Laura Boldo.
Epithesen sind abwaschbar, halten nicht lange, deshalb steht Patienten durch die Invalidenversicherung alle zwei Jahre eine neue Epithese zu. Das Silikon ist weich, flexibel, lässt sich einfärben und ist hautähnlich. Irgendwann wird es spröde, nimmt Schweiß auf, so entstehen kleine Fusseln. Deswegen müssen die Epithesen erneuert werden, nur so kann die Hygiene gewährleistet werden. Ansonsten sind sie in den Alltag integrierbar, man kann sie zu jeglichen Aktivitäten tragen und wie normale Gesichtsteile schminken und piercen. Ein Piercing fürs Silikonohr ist machbar. Im Falle einer Unverträglichkeit, was selten vorkommt, kann man auf Silikon mit anderen Inhaltsstoffen umsteigen. Auch in Magdeburg, Celle und Regensburg gibt es Institute.
Gehörlose HNO-Chefärztin : Dr. Wolter und ihre Art, Menschen ins Leben zurückzubringen
Kolumne „Uni live“ : Wir Medizinstudenten – und die anderen
Landarztprogramm in NRW : Wie eine Hauptschülerin Medizin studiert
Die offene Art von Laura Boldo hilft. „Wir begleiten die meisten Patienten über mehrere Jahre, einige schon seit dem Kindesalter, so lernt man sie mit der Zeit immer besser kennen. Man erzählt sich, was gerade im Leben los ist. So macht es einen glücklich zu hören, wenn ein Patient eine Partnerin gefunden hat oder sein erstes Kind erwartet.“ Doch es gibt auch die andere Seite, die negativen Nachrichten, „der Krebs ist wieder da“, sagt Laura Boldo: „Solche Gespräche nehmen einen dann schon mit im Alltag. Aber genau dieser stetige Austausch führt zu einer stärkeren Bindung zwischen den Patienten und uns.“
Hier können Sie die Rechte an diesem Artikel erwerben.
Permalink: https://www.faz.net/-gyl-b0wbf
Laura Dern im Film „The Son“ : Sie lässt sich nicht den Mund verbieten
Laura Dern gehört zu den bedeutendsten Darstellerinnen ihrer Generation. Das hat viel mit ihrer unvergleichlichen Mimik zu tun. Im neuen Kinofilm „The Son“ kommt das leider weniger zur Geltung.
FAZ Plus Artikel: Drei Jahre Corona : Die Maske fällt
Gilt mit dem Wegfall einer der letzten Corona-Maßnahmen die Pandemie nun offiziell als beendet? Was wurde eigentlich daraus gelernt? Sechs Entscheidungsträger berichten.
FAZ Plus Artikel: Pharmastudien : Angst vor Stillstand in der Forschung
Die Plattform CTIS soll es möglich machen, dass Arzneimittelstudien europaweit nach gleichen Standards eingereicht und geprüft werden können. Doch das System ist fehleranfällig.
Waffen für die Ukraine : Und was liefern wir als Nächstes?
Mutmaßliche Spionageaktion : China protestiert gegen Abschuss seines Ballons
Ballon in US-Luftraum : „Es ist schwer, die Beziehungen zwischen den USA und China zu stabilisieren“
Buch von Habeck und Paluch : „Das Ego haben wir abgefrühstückt“
© Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH 2001 - 2023 Alle Rechte vorbehalten.
Wie eine Epithetikerin Versehrten hilft
Wie eine Epithetikerin Versehrten hilft
Sie sind Spezialisten in ihrem ungewöhnlichen Metier und für kranke Menschen, denen Gesichts- oder Halsteile fehlen, ein Segen. Eine junge Epithetikern lindert mit Silikon-Esatzteilen Leid.
Ein Fehler ist aufgetreten. Bitte überprüfen Sie Ihre Eingaben.
Vielen Dank Der Beitrag wurde erfolgreich versandt.